Sonntag, 20. September 2015

Hinter der Nebelwand - Jörgen Bracker

Jörgen Bracker - Hinter der Nebelwand

Klappentext: 
Pfingstmontag 1911. In Windeseile spricht sich Grauenvolles am Deich herum und versetzt die Bevölkerung an Dithmarschens Küste in helle Aufregung: Die Nachmittagsflut hat ein führerloses Motorboot aus der Nebelwand mitgebracht und im Hafen von Eckstedt angespült. Darin lag einer, dem hatte man das Gesicht zerschossen. 
Die Polizei hatte umgehend die Ermittlungen aufgenommen und den Landarzt Dr. Frank Wittenborg mit der Obduktion beauftragt. Das Ergebnis seiner Untersuchung war so überraschend, dass er sich in die weiterführenden Ermittlungen einschaltete. Wird es ihm gelingen, den vernebelten Weg zu den tatsächlichen Geschehnissen aufzuhellen? 

Meine Meinung: 
Zu erst möchte erwähnt werden, dass es sich bei diesem historischen Kriminalroman um eine wahre Begebenheit handelt. Damit der Leser sich nun also in das Schleswig Holstein um 1911 hineinversetzen kann wurden den Kapiteln Originalbilder der Schauplätze aus der damaligen Zeit in schwarz-weiß abgedruckt. 

Der Jungfischer Flosse hat sich seinen großen Traum mit einem eigenen Fischkutter erfüllt. Freudig erwartet er den Stapellauf der alles andere als freudig verläuft. Eine ungewollte Verlobung mit der falschen Frau, da der junge Mann eine andere Frau liebt, eine Bloßstellung und gekränkte Eitelkeiten spielen sich in den Vordergrund. Schnell lernt man die Charaktere kennen: 
Marga, deren Vater Hugo Nonnenwort ein falsches Spiel mit seiner Tochter, dem Fischer Flosse und irgendwie allen Menschen zu spielen scheint. Die junge Dame Elsbeth (im Ort als Polin und Ausländerin beschimpft, und die heimliche geliebte des Fischers Flosse), die Maaten aus Kiel die Flosse um Pfingsten besuchen und eigentlich einen Ausflug mit dem Kutter machen wollten. Und natürlich die Ermittler Ohm (ein Altfischer, der sich bestens mit den Gepflogenheiten zwischen Kiel und Husum der damaligen Zeit auskennt) und Dr. Wittenborg der nicht nur die Schwangerschaft der jungen Betty feststellt sondern sich als engagierter Aufklärer zeigt. 

Aber in diesem Buch geht es mehr als um die reine Aufklärung eines brutalen Kriminalfalles der sowieso erst nach dem ersten Drittel des Buches geschieht. Die Aufklärung mehr als tragisch und schier unglaublich ist. Aber keineswegs gestaltet sich der Weg dorthin langweilig, denn bis zu diesem Zeitpunkt lernt der Leser sämtlichen Grundlagen und die Basis zu diesem Buch kennen.
Der erste Weltkrieg steht kurz bevor und das merkt man auch überall, zb. als es Dr. Wittenborg im Zuge seiner Ermittlungen immer wieder zum neugegründeten Wehrverein in Dithmarschen führt. Der Anteil der polnischen Bevölkerung in Schleswig Holstein nimmt zum Argwohn der Einheimischen zu und so wird vor allem die Liebelei zwischen Flosse und Betty (der "Nebelbraut") böswillig beschimpft und nicht akzeptiert. Irgendwann verschwindet Betty nach einer Feierlichkeit in einer Kneipe spurlos - etwa zum gleichen Zeitpunkt als auch Flosse ermordet wird. 

So muss nicht nur der Mord an Flosse aufgeklärt werden sondern auch das Verschwinden von Betty womit wir zur Sage der "Nebelbraut" kommt, die in Ausschnitten auch in diesem Buch mit behandelt wird und welches den mystischen und für mich auch faszinierendsten Teil ausmacht. 

Alles in allem ein wundervolles Buch in dem es mehr als um Mord geht. Die Sage, der Fremdenhass, die Vorboten des Krieges - alles erschließt sich zu einem großen ganzen wirklich hervorragenden Roman. 

Und auch wenn der Schauplatz Schleswig Holstein ist und vieles aus der Fischerei und Seefahrt kommt ist es dem Leser immer leicht verständlich geschrieben. Jörgen Bracker verzichtet auf Plattdeutsche Ausdrücke und Dialoge und Fachbegriffe werden so beschrieben und erklärt, dass es jedem verständlich ist. 

Auf den letzten Seiten im Buch erklärt dann Jörgen Bracker noch die Hintergründe zu diesem Buch und was nun eben "Wahr" ist und was sich "wahrscheinlich" so zugetragen hat. Ebenso gibt es eine detaillierte Beschreibung zu allen im Buch abgedruckten Bildern zu den Schauplätzen.

Auf jeden Fall ein empfehlenswerter historischer Kriminalroman, auch für Landratten und 4,5 von 5 Sternen.

(Wachholtz Verlag, 416 Seiten)

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